Liebes Saarland und Rest vonne Welt,
kommt es nur mir so vor oder gibt es in jeder Nachbarschaft diesen einen Nachbarn, den die Welt nicht braucht? Nun ist das ja gerne mal so eine Sache wenn man neu in ein Viertel zieht und die eingeschworene Dorfgemeinschaft nur durch blanke neue Präsenz in ihrer Komfortzone stört. Da kann es durchaus passieren, dass man ratzfatz selbst zu genau diesem Nachbarn wird, frei nach dem Motto
If you can’t spot the crazy person on the bus, it’s you.
Ted Mosby: How I met your mother. Subway wars. 2010.
Wir hatten allerdings Glück. Nicht nur, dass wir unser Haus fast schon auf dem Silbertablett serviert bekamen, obwohl es in unserem Viertel quasi unmöglich ist, an ein Haus zu kommen, es sei denn die eigene Oma hinterlässt es, nein, wir zogen auch noch in eine überaus freundliche und offenherzige Nachbarschaft, in der der Posten für „den einen Nachbarn, den die Welt nicht braucht“ schon vergeben war und wir somit sehr herzlich aufgenommen wurden.
Dieser eine Nachbar ist/war, wie soll ich das jetzt ausdrücken, etwas anders als alle anderen Menschen, die hier so wohnen. Über persönlichen Einrichtungsgeschmack möchte ich mich jetzt gar nicht wirklich auslassen, es mag ja Menschen geben, die auf orange/rote Wände, ebensolche Schabracken, Vorhänge und *hüstel* dekorativer StaubTraumfänger und Nippes über Nippes stehen, es mag auch Menschen geben, die kein Problem damit haben, sich eine Sauna auf die Terrasse zu stellen, in die man von zwei Seiten reinschauen kann, aber ich sag’s mal ganz unumwunden: meins ist das nicht. Letztlich passiert das aber alles hinter verschlossenen Türen (von der einsehbaren Sauna mal abgesehen) und ist somit nicht meine Baustelle. Was mich aber zur Weißglut treibt/trieb, ist ein offen ausgelebter nicht TÜV-konformer Motorradauspuff Fetisch, der zu jeglicher Tag- und Nachtzeit trotz 30er Zone und Wohngebiet völlig ungeniert präsentiert wurde. Ja, so ein tiefergelegter und getunter Bus und eine Harley mögen für den einen was Schönes sein. Nach der 4. Nacht in Folge
♪ ♫ fährst du immer im Kreis, brumm brumm brumm, wird der Motor ganz heiß, brumm brumm brumm ♫♪
Die Ärzte: Mein Freund Michael. 1995.
ist es für den Rest der Nachbarschaft aber nichts Schönes mehr, sondern einfach nur nervig. Nervig, arschig und ätzend! Und man möchte nur noch mit Sachen werfen, in der Hoffnung einen Teil zu treffen, der nicht mit Helm bedeckt ist. Durfte man aber nicht, mit Klagen kannte sich besagter Nachbar nämlich blöderweise aus.
Ha, aber dann! Dann kam doch glatt der Tag, an dem er tatsächlich samt Fuhrpark, Nippes und Traumfänger auszog! Und zwar unwiderruflich, das Haus ward verkauft!
Ein halbes Jahr lang wurde gehämmert, gemeißelt, gebaggert, geschüttet und dann war es so weit, die Freude konnte nicht größer sein, die neuen Besitzer zogen ein, inklusive Motorrad. Einer ganz normalen Straßenmaschine, ohne Verstärker, Endschalldämpfer (warum auch immer ein Teil, das noch mehr Krach macht Dämpfer heißt) oder sonstiger Lärmbelästigung. Ein Traum.
Deswegen und weil wir uns vor paar Jahren selbst sehr über einen kleinen Willkommensgruß gefreut haben, gab es zur Begrüßung auch ein kleines gebasteltes Präsent.
Ich habe mich tatsächlich zum ersten mal an eine Explosionsbox rangesetzt.
Der Klassiker zum Einzug Salz und Brot durfte dabei natürlich nicht fehlen. In Anbetracht des Heißklebers hoffe ich allerdings inständig, dass der Hunger nicht so groß war, dass sich jemand von den Umzugshelfern drüber hergemacht hat…
Wer sich wundert, warum da ein Kanickel im Vorgarten sitzt… das gehört so! Streunende Katzen kann jeder, bei uns gibt’s ein streunendes Nachbarschaftskanickel, das regelmäßig für hektisches Sturmklingeln sorgt. Solltet ihr also mal durch meine Straße fahren und euch ein Hase vor die Motorhaube springen: nein, der büxt nicht gerade aus, der frisst sich nur gepflegt durch alle Gärten durch. Das Gras der anderen ist schließlich immer grüner.
Und nun harren wir mal der Dinge, was aus der neuen Nachbarschaft wird. Der Posten für den Nachbarn, den die Welt nicht braucht ist ja jetzt wieder vakant. Hoffen wir mal inständig, dass unsere Fenster dicht genug sind, als dass die nächtlichen unmittelbaren Hungertod-Anfälle des Mini-T. dezibeltechnisch nicht an die olle Auspuffanlage rankommen und wir den Posten doch noch erben.
Bye
Nadine
Ich liebe Explosionboxen!!!! Sie ist toll 🙂
Herrlich! Ich hab mich köstlich amüsiert!
Na Dein Erstlingswerk ist ja wohl mehr als gelungen! Und die Geschichte dazu wie immer köstlich…
LG Babs
Liebe Nadine,
was für eine liebe und vor allem super schöne Idee. Brot und Salz als Einzugsgeschenk kenne ich auch, aber da sind die Mengen immer deutlich größer. Diese Mini-Variante ist absolut entzückend. Das muss ich mir merken. Seit vier Tagen wird nämlich neben an eine Baugrube ausgehoben. Ich hoffe doch sehr, dass Euer weggezogener Nachbar jetzt nicht bei uns landet. ;o)
Lieben Gruß und ein schönes Wochenende
Kerstin