„du bist so still im Moment“

Ja, ich weiß und ganz ehrlich, Indianerehrenwort: es tut mir leid!

ABER

Ihr kurvt bestimmt genau wie ich durchs Internet und erfreut euch an hübschen Bildern auf Blogs, Pinterest, Facebook oder Ähnlichem. Klar tut ihr das, sonst würdet ihr ja gerade nicht hier lesen.

So sehr ich mich selbst über diese ganzen Fotos und Berichte freue, so sehr frage ich mich: wie sieht es wohl hinter den Kulissen aus? Liest man nämlich diese ganzen Blogs, wird so gut wie überall das gleiche Bild suggeriert: „ich bin Mitte/Ende Dreißig, verheiratet, Mutter von 2 bis 4 Kindern, Haus, Garten, Hund und Job erledige ich nebenbei locker aus der Hüfte heraus und in meiner Freizeit nähe, stricke, bastel, häkel, koche ich. Lese 12 bis 14 Bücher pro Woche, die ich alle rezensiere, während ich das nächste DIY-Projekt vorbereite, fotografiere und mit bebilderter Anleitung ins Netz stelle und das alles macht mich suuuuuuuuper glücklich. Selbstverständlich blogge ich noch nebenbei, damit auch der Rest vonne Welt mitbekommt, wie suuuuuper toll, suuuuuuuuuuuuuuuper organisiert und noch viel suuuuperererer perfekt mein Leben ist.“

Nun ja. „Hallo mein Name ist Nadine. Ich blogge. Ich bin Mitte/Ende 30, habe mir heute morgen fast das Genick an einer auf dem Boden stehenden (und definitiv nicht dahin gehörenden) Backform gebrochen und suche seit gefühlten 3 Stunden mein zweites Paar Crocs.“ – „Hallo Nadine.“

Versteht mich nicht falsch. Ich liebe es zu bloggen, zu basteln und euch tolle Werke zu zeigen, Workshops vorzubereiten und abzuhalten, Bestellungen entgegen zu nehmen, zu beraten und Hilfestellungen zu geben. Ich liebe mein Leben, meinen Job, mein Haus, meinen Garten, meine Familie. All das habe ich mir freiwillig und ganz eigenverantwortlich ausgesucht (gut, bei der Auswahl der Familie hielt sich mein Mitspracherecht in Grenzen, aber auch da hätte es mich schlimmer treffen können) und all das macht mir sehr viel Spaß, aber ich habe nur zwei Hände, zwei Beine und Tage mit 24 Stunden.

So gerne ich den ganzen Blogs auch folge, ich glaube einfach nicht, dass das Leben dieser Glanzaufnahmen-Bloggerinnen super perfekt, organisiert UND glücklich ist. Denn seien wir mal ehrlich, entweder es ist super perfekt, organisiert oder aber es ist glücklich! Beides zusammen? Im Ernst, das geht doch nur mit einem Elf, der nächtens die Arbeit macht und die Bude in Schuss hält, damit sich Muttern ganz auf die schönen Sachen des Lebens konzentrieren kann.

Im Hause T. gibt es einen solchen Elf nicht. Auch laufen kein Hund und keine 2-4 Kinder oder sonstige Anwesenden rum, die man zum Helfen bestechen könnte, es wird nicht gehäkelt, gestrickt, geklöppelt oder alles Gekochte, Gebastelte, GeDoItYourselfte unmittelbar für die Kamera in Szene gesetzt. Nein, hier fordert das Leben seinen täglichen Tribut.

Zu gerne würde ich euch zeigen, dass mein tägliches Frühstück so aussieht,

IMG_3673ich gleich im Anschluss vier Alben, sechs Karten, drei Geschenkboxen und diverse Dankesgoodies gewerkelt habe, anschließend gut gelaunt den Haushalt weggezaubert, Bestellungen sortiert, mit Liebe verpackt und zur Post gebracht habe, die Buchhaltung gemacht, den Blog gepflegt, Schul- und Unisachen erledigt habe und pünktlich kurz nach 17 Uhr stylish adrett zurechtgemacht meinen geliebten Ehemann mit frischgebackenen Plätzchen empfange.

Aber all das fällt unter Wunschdenken. In der Realität gab es kein Frühstück, weil Brot und Frosties alle waren und Frühstück sowieso 98% der Zeit ausfällt. Die erste Ansicht des Tages sah auch eher so, oder so ähnlich aus,

Img-0001was zwar auch im wahrsten Sinne des Wortes ein DIY-Projekt ist, aber sicher keins, wofür ich eine Anleitung schreiben müsste, geschweige denn sie bebildert auf den Blog stellen würde. Küche, Schreib- und Basteltisch befinden sich in ähnlichen Zuständen und in den wenigen Stunden zwischen Gewitter und 28° möchte der Vorgarten

IMG_3698auch noch ein wenig Zuwendung, damit er (und letztlich darüber seine Besitzer) nicht doch so langsam von der gesamten Nachbarschaft geächtet werden.

Also gilt es a) im Lotto zu gewinnen und Personal anzuheuern oder b) Prioritäten zu setzen. Wäre da nicht wieder der Monk in mir… „wenn ich das jetzt schon mache, dann mache ich es auch ordentlich“. Dann wird nicht mal eben das Unkraut gerupft und der Vorgarten grob zurecht geruckelt. Nein da wird das Sieb rausgekramt und die Erde fein säuberlich von Steinen, Baustellenmüll und restlichem Schruz entfernt, um nach unzähligen Stunden festzustellen, dass man gerade eben 2 qm geschafft hat, der Rücken eindeutig nicht mehr der, einer 15jährigen ist und das Unkraut, ob der Langsamkeit des Vorankommens, vorne schon wieder zu sprießen beginnt. 2014-05-22-iPhoneDas sind die Momente, in denen ich wie ein wütendes Kind auf den Boden trampeln, Gegenstände durch die Gegend werfen und mich plärrend aufs Bett schmeißen möchte (hätte ich denn die Energie nach stundenlangem Hacken, Schaufeln und Sieben noch). Aber nützt ja alles nix, nächtliche Elfs kommen bestimmt nur zu Menschen, die sich zu benehmen wissen, also siebe ich zähneknirschend und mit dem Leben abschließend weiter, bis mich ein Gewitter unterbricht und auch der Vorgarten wieder zu den Projekten „angefangen, aber wegen höherer Gewalt nicht fertig gestellt“ abgelegt wird.

Auf dass es morgen weiter wie aus Eimern regnet und derart gewittert, dass leider alle Spül- und Waschmaschinen-, Trockner-, Bügeleisen-, Kantenschneider- Rasenmäher-,  Heckenscheren- und Computerstecker gezogen werden müssen und einzig der Weg zum Basteltisch als Beschäftigungsmöglichkeit übrig bleibt. Wären da nicht noch diverse Referate für die Uni vorzubereiten…aaaarrrrrrgggggssss

mit sisyphos’chen Grüßen

bye

Nadine

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